Dachtragwerke sicher und robust ausführen

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Robustheit lässt sich messen

Ostfildern (pts025/28.05.2014/15:15) – Dachtragwerke aus Nagelplattenbindern erfreuen sich in Europa großer Beliebtheit. Auch in Deutschland erfahren sie immer stärkeren Zuspruch. Vor allem Planungs- und Architekturbüros, ausschreibende Stellen der öffentlichen Hand, Landwirte, Bauträger, Brücken-, Tunnel-, Hoch- und Fertigbauunternehmen wissen die wirtschaftlichen Vorteile objektspezifisch vorgefertigter Binder ebenso zu schätzen wie ihre baulich-konstruktiven Eigenschaften. Bemerkenswert: Durch die Anordnung vieler Träger mit gleichem Abstand zueinander über einer zu überdachenden Fläche sind Tragwerke aus Nagelplattenbindern in der Lage, den kompletten Ausfall eines Tragglieds sowohl bei kleinen, mittleren als auch sehr großen Spannweiten zu kompensieren. In unserem Experten-Interview erklärt der Sachverständige Dipl.-Ing. Ralf Stoodt, warum Dachtragwerke aus Nagelplattenbindern eine sichere Sache sind und als robuste Konstruktionen gelten.

Zwei Drittel seiner Lebenszeit verbringt der Mensch in überdachten Räumen, sei es im trauten Heim, beim Einkaufen im Supermarkt, in der Reithalle hoch zu Ross, bei der Arbeit im Büro bzw. in der Werkstatt, als Landwirt im Stall bei den Tieren et cetera. An das Dach hoch droben denkt derweil so gut wie niemand – als ob es selbstverständlich wäre, dass es rund um die Uhr vor Regen, Hagel, Wind und Wetter schützt. Dabei hat das Tragwerk in der Tat großen Belastungen standzuhalten. Diplom-Ingenieur Ralf Stoodt ist Sachverständiger und weiß, was ein gutes Dach ausmacht: „…vor allem ein robustes Tragwerk!“ Im Interview beantwortet der Holzbau-Experte unsere Fragen:

Redaktion: Herr Stoodt, mit Dachkonstruktionen aller Art kennen Sie sich von Berufs wegen bestens aus. Kann man sagen, dass Tragwerke aus Nagelplattenbindern auch bei starker Wind- bzw. Schneelast standhalten?

Ralf Stoodt: In der Tat sind Nagelplattenbinderkonstruktionen sehr robust. Das liegt unter anderem am vergleichsweise geringen Abstand der Binder eines solchen Dachtragwerks zueinander.

Redaktion: Was genau verstehen Sie unter robust?

Ralf Stoodt: Unter robust ist zu verstehen, dass der Ausfall eines Bauteils nicht zum großflächigen Versagen des Tragwerks führen darf. Tragwerke aus Nagelplattenbindern gelten als robust, wenn bei Ausfall eines Binders die Dachkonstruktion nicht versagt. Im Idealfall treten bei Ausfall eines Binders lediglich lokale Verformungen auf, die darauf hindeuten, dass hier eine Reparatur erforderlich ist. Dann entspricht die Nagelplattenbinderkonstruktion heutigen Robustheitskriterien.

Redaktion: Gibt es so etwas wie eine allgemeingültige Definition oder Regelung, die sich nicht allein auf Nagelplattenbinderkonstruktionen bezieht?

Ralf Stoodt: Grundsätzlich sind Tragwerke aller Bauarten – unabhängig davon, aus welchen Baumaterialien sie bestehen – so auszubilden und auszuführen, dass etwa durch menschliches Versagen keine Schadensfolgen entstehen, die in keinem Verhältnis zur Schadensursache stehen. Ein Tragwerk, das diese Anforderung erfüllt, wird als robust bezeichnet. Welche Anforderungen für den Fall menschlichen Versagens an die Ausführung eines Tragwerks gestellt werden, entscheiden der Bauherr und die zuständige Behörde im Einzelfall. Beide können im Einvernehmen Anforderungen an die Begrenzung von Schäden und deren Folgen festlegen, die sich auf das Gesamtgebäude oder Gebäudeteile beziehen können. Spezielle Festlegungen für Nagelplattenkonstruktionen wie für die meisten anderen Bauarten enthalten die europaweit einheitlichen Bemessungsnormen (EC’s) nicht. Die Fachkommission Bautechnik der Bauministerkonferenz (ARGEBAU) hat „Hinweise zur Planung und Ausführung von Nagelplattenkonstruktionen …“ veröffentlicht, in denen darauf aufmerksam gemacht wird, dass der zufällige Ausfall eines Bauteils nicht zum großflächigen Versagen des Tragwerks führen darf. Diese Forderung gilt aber nach Prinzip (5) in 2.1 des EC0 für alle Bauarten und alle Baustoffe. Unvermeidliche Folgeschäden sollen schließlich zur Schadensursache in nachvollziehbarem Verhältnis stehen.

Redaktion: Unter welchen Umständen könnte der Ausfall eines einzelnen Binders eintreten?

Ralf Stoodt: Das Versagen eines Binders ist in der Regel nicht vorhersehbar, geschieht also eher zufällig. Als Ursache des Ausfalls wäre menschliches Versagen denkbar – etwa wenn bei der Montage des Tragwerks auf den Umfassungswänden eines im Bau befindlichen Gebäudes etwas nicht vorschriftsgemäß ausgeführt wurde. Eine weitere denkbare Ursache könnten Beschädigungen oder Manipulationen an der Tragkonstruktion sein, die vom weiteren Innenausbau des Gebäudes herrühren.

Redaktion: Wie verhält sich das bei Dachtragwerken aus Nagelplattenbindern?

Ralf Stoodt: Unter den geschilderten Bedingungen sollen robuste Nagelplattenbinderkonstruktionen idealerweise Redundanzen aufweisen und bei plötzlichem Ausfall eines Haupttraggliedes auftretende Lasten über die weiteren Tragglieder der Dachkonstruktion umgelagert werden. Selbst wenn ein Nagelplattenbinder zum Beispiel durch einen Bruch des Untergurtes versagt und statisch somit ausfällt, wird die auf diesen Binder wirkende Last über weitere Tragglieder wie Lattungen und Windverbände auf die benachbarten Nagelplattenbinder abgetragen.

Redaktion: Welche Eigenschaften müssen Nagelplattenbinder besitzen, um in einem robusten Tragwerk bestimmungsgemäß zu funktionieren?

Ralf Stoodt: Eine gute Frage, zu der man zunächst mit Verweis auf das eingangs Gesagte feststellen muss, dass es keine eindeutigen Regelungen seitens der Bauaufsicht im Hinblick auf den Umfang oder das Ausmaß anzunehmender Schäden gibt. Dies ist tatsächlich im Einzelfall zwischen dem Bauherrn, der Bauaufsichtsbehörde und den Ausführenden festzulegen und wird auch abhängig von der Schadensfolgeklasse sein, in die das Gebäude einzuordnen ist. Im Auftrag der Gütegemeinschaft Nagelplattenprodukte und des Interessenverbandes Nagelplatten hat das Hildesheimer Ingenieurbüro kgs daher eine weitergehende wissenschaftliche Studie angefertigt, die unter dem Titel „Nachweis der Unempfindlichkeit von symmetrischen Satteldächern mit Windrispen und Pultdächern in Nagelplattenbinderbauart gegenüber lokalem Versagen – Robustheit“ im IRB Verlag erschienen ist.

Redaktion: Sie machen uns neugierig: Zu welchen Ergebnissen hat diese Forschungsarbeit ganz konkret geführt?

Ralf Stoodt: Nach den Ergebnissen der von Prof. Dr.-Ing. Martin H. Kessel ausgearbeiteten Studie erfüllen Nagelplattenbinder grundsätzlich bereits folgende Voraussetzungen, um den geltenden Anforderungen an robuste Tragwerkskonstruktionen gerecht zu werden:

  • Die Versagenswahrscheinlichkeit des einzelnen Binders ist nicht höher als die eines einzelnen Trägers aus Brettschichtholz oder einem anderen Bauprodukt,
  • die Dachkonstruktion besteht aus einer Vielzahl von Bindern mit kleinem Binderabstand im Vergleich zu großen Abständen anderer Dachkonstruktionen,
  • die Dachlatten (Pfetten) sind über mehrere Felder statisch unbestimmt gelagert,
  • die Binder werden industriell gefertigt und
  • bauaufsichtlich zertifiziert.

Redaktion: Worauf müssen Anbieter von Dachtragwerken aus Nagelplattenbindern demzufolge in der Praxis achten, um mit ihren Produkten die Erfüllung der Robustheitsanforderungen nachweisen zu können?

Ralf Stoodt: Von der Planung über die Ausführung der Konstruktion sind folgende Empfehlungen zu beachten, um zu einem robusten Tragwerk zu gelangen:

  • Die Form des Tragwerks ist ingenieurmäßig sinnvoll zu wählen.
  • Sowohl die Planung als auch die Ausführung sind von einem im Holzbau versierten Prüfingenieur nach bauaufsichtlichen Maßstäben zu überwachen.
  • Die branchenspezifischen Konstruktionsregeln sind zwingend einzuhalten: mindestens zwei Verbände, Dreifeldlatten.
  • Die Tragfähigkeit unter normalen Nutzungsbedingungen ist hinsichtlich der Bemessung und Ausführung der Aussteifung als räumliche Konstruktion einschließlich Dachlatten und deren Befestigung nebst Stoßausbildung nachzuweisen.

Redaktion: Sind darüber hinaus weitere Anforderungen an die Robustheit von Dachtragwerken aus Nagelplattenbindern zu vereinbaren?

Ralf Stoodt: Für alle Gebäudetypen lassen sich spezifische Anforderungen definieren, die von der Tragwerkskonstruktion zu erfüllen sind. Dabei können die Empfehlungen des Technischen Ausschusses im GIN herangezogen werden, die sich auf die Untersuchung von kgs beziehen und auf der Verbandswebsite im Internet als „GIN-IFO Robuste Nagelplattenkonstruktionen“ zu finden sind. Für die genaue Nachweisführung und zur Detailinformation über die wissenschaftlichen Grundlagen sind die Ergebnisse der Untersuchung von Kessel und Kühl (2013) im IRB-Verlag in Band 38 der Reihe Wissenschaft unter folgendem Titel veröffentlicht:

„Nachweis der Unempfindlichkeit von symmetrischen Satteldächern mit Windrispen und Pultdächern in Nagelplattenbauart gegenüber lokalem Versagen – Robustheit“

Redaktion: Zusammengefasst heißt das, dass man sich unter Dächern, die sich auf ein fachgerecht konstruiertes Tragwerk aus Nagelplattenbindern stützen, rundum sicher fühlen darf?

Ralf Stoodt: So ist es, und zwar ohne Wenn und Aber! Ich kann dazu ergänzend sagen, dass ich mich seit jeher unter Nagelplattenbinderdächern sehr gut aufgehoben fühle.

Redaktion: Herr Stoodt, wir danken Ihnen für das faktenreiche, sehr informative Gespräch!

Neuerscheinung
Die neue GIN-Broschüre „…für Dachtragwerke in Vollendung“ informiert Architekten, Planer, kommunale Bauämter, Einkäufer in den Bauabteilungen großer Unternehmen, Fachhandwerker und Bauinteressenten über die bemerkenswerten Vorteile der Nagelplattenbinderbauweise. Sie kann ab sofort bei der GIN-Geschäftsstelle in Ostfildern per E-Mail bestellt werden: gin@nagelplatten.de Die Zusendung eines mit der Interessentenanschrift adressierten DIN-A4-Freiumschlags an die Gütegemeinschaft Nagelplattenprodukte e.V. c/o FORUM HOLZBAU, Frau Gabriele Eisele, Hellmuth-Hirth-Str. 7, 73760 Ostfildern, vereinfacht und beschleunigt den Versand. Weitere wissenswerte Informationen über Nagelplatten und Nagelplattenbinder finden sich im Internet auf www.nagelplatten.de

Über den GIN
Starke Verbindungen! Nach dieser Maxime handelt die Gütegemeinschaft Nagelplattenprodukte e.V. (GIN) als Interessenverband für annähernd 50 Hersteller und Verarbeiter von Nagelplatten: „Nagelplatten werden vor allem im Dach- und Wandbereich von Wohnhäusern, Supermärkten, Gewerbe-, Produktions- und Lagerhallen, landwirtschaftlichen Gebäuden, öffentlichen Einrichtungen wie Sporthallen sowie für Brückenschalungen etc. als extrem belastbare Verbindungsmittel eingesetzt“, erläutert GIN-Geschäftsführer Joachim Hörrmann. Das „RAL-Gütezeichen Nagelplattenprodukte“, das alle Mitglieder der Gütegemeinschaft Nagelplattenbinder führen, bürgt dabei für sichere, maßgenaue Verbindungen von Holzelementen mit einer Spannweite von bis zu 35 m sowie für gebäudespezifische Tragsysteme von allerhöchster, dauerhafter Qualität.

Gemeinnützig und solidarisch unterstützt der GIN seine Mitgliedsfirmen in allen Fragen, die sich im Hinblick auf technisch vorbildliche und wirtschaftlich vorteilhafte Einsatzmöglichkeiten von Nagelplatten am Bau ergeben. Zugleich ist der Interessenverband Ansprechpartner und Auskunftsquelle für Architekten, Hausbauunternehmen, Bauämter, Zimmerei-, Dachdecker- sowie weitere Handwerksbetriebe, die Nagelplatten und Nagelplattenprodukte bei der Verwirklichung unterschiedlichster Bauvorhaben konstruktiv verwenden. 1972 gegründet, gehört der GIN der Verbändegemeinschaft FORUM HOLZBAU an, hat seinen Sitz in Ostfildern bei Stuttgart und wird von Jochen Meilinger (1. Vors.), Kay-Ebe Schnoor (2. Vors.) und Joachim Hörrmann (Geschäftsführer) vertreten.

Aussender: GIN e.V. Gütegemeinschaft Nagelplattenprodukte und Interessenverband Nagelplatten
Ansprechpartner: Achim Zielke M.A.
E-Mail: gin@textify.de
Tel.: 02224-8979868
Website: www.nagelplatten.de

Quelle: www.pressetext.com/news/20140528025
Fotos: www.pressetext.com/news/media/20140528025
Fotohinweis: Robustheit lässt sich messen

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